Bei der Kahler Feuerwehr brennt es
Bericht aus dem Main-Echo vom 21.06.2012
Jahresbericht: Neue Kameraden gesucht – Kommandant Ritter befürchtet in Zukunft »gravierende Personalprobleme« Die Bilanz ist beachtlich: 84 Mal musste die Kahler Feuerwehr im vergangenen Jahr ausrücken. 24 Mal war ein Brand gemeldet worden, sechs Mal leisteten die Feuerwehrkameraden Sicherheitswache. 54 Mal standen Hilfeleistungen an: Türen mussten geöffnet, Ölspuren beseitigt, Sturm- und Wasserschäden behoben werden. Doch dem Feuerwehrkommandanten Florian Ritter macht die Personalfrage Sorgen: »Wir müssen hier anpacken!« 49 Aktive und sechs Jugendliche zählt die Kahler Feuerwehr derzeit. Die Zahl blieb im letzten Jahr konstant, erklärte Florian Ritter in seinem Jahresbericht: Es gab weder Ein- noch Austritte, weder einen Ausschluss aus der Feuerwehr noch einen Übertritt aus der Jugendfeuerwehr. Aber das könnte sich bald ändern, warnte der derzeitige Kommandant, der auch nach Ablauf seiner Amtszeit im Oktober wieder kandidieren will. Anforderungen steigen ständig Die Personalprobleme würden »immer gravierender« werden, schreibt Ritter in seinem Jahresbericht. Für die Führungskräfte der Feuerwehr müsse die Personalsituation »höchste Priorität« genießen. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Auf der einen Seite würden die Anforderungen an die – alle ehrenamtlich tätigen – Feuerwehrleute ständig steigen. So nehme die technische Wartung und Pflege der Gerätschaften und Fahrzeuge immer mehr Zeit in Anspruch: Die zunehmend älteren Fahrzeuge benötigten einen höheren Wartungsaufwand, die gesetzlichen Vorgaben würden strenger, und Hersteller würden andere Anforderungen an die Geräteprüfungen stellen. »Die anfallenden Arbeiten sind durch die Ehrenamtlichen kaum noch in der Freizeit zu leisten«, so Ritter. Auf der anderen Seite komme hinzu, dass vor allem tagsüber nur noch die wenigsten für einen Einsatz zur Verfügung stünden: Er habe aktuell lediglich zehn verlässlich verfügbare Kräfte bei der Leitstelle für die Tagzeit anmelden können, sagte Ritter. Viele Feuerwehrleute würden entweder nicht in Kahl arbeiten oder könnten ihren Arbeitsplatz, selbst wenn er in Kahl liege, bei einer Alarmierung nicht verlassen. Zwar sei gesetzlich geregelt, dass Feuerwehrleute ihren Arbeitsplatz verlassen dürften – viele Arbeitgeber würden das aber nicht akzeptieren, und die Arbeitnehmer wollten ihren Job nicht riskieren. Ritter befürchtet, dass sich in Kahl die Zahl der Aktiven bald verringern werde: Manche könnten wegen eines Studiums, eines Umzugs oder einer beruflichen Veränderung nicht mehr mitmachen, gelegentlich gehe auch das Interesse verloren. Hinzu komme: Wer seine Mindestanzahl an Ausbildungseinheiten nicht absolviere, werde automatisch aus dem aktiven Dienst ausgeschlossen. Bundesweites Problem Die dünner werdende Personaldecke ist freilich kein Kahler Problem, sondern bundesweit zu beobachten. Kahl hat sich daher an die derzeit laufende Feuerwehr-Werbekampagne in Bayern angeschlossen. Aber: »Es ist nicht damit getan, ein paar Plakate aufzuhängen«, meinte Ritter. Notwendig seien weitere Maßnahmen zur Gewinnung von neuen Freiwilligen. Und als ob das normale Pflichtpensum nicht bereits genügen würde, hatte sich die Kahler Feuerwehr mit zusätzlichen Baustellen zu beschäftigen. Das von der italienischen Firma Oshkosh-BAI 2009 gelieferte Hilfeleistungslöschfahrzeug musste Anfang 2012 außer Dienst gestellt werden: Ein gerichtlich beauftragtes Gutachten hatte ergeben, dass das Gefährt zu viele Mängel aufweist. Oshkosh-BAI habe nun zwar bis zur Klärung der Angelegenheit kostenfrei ein Ersatzfahrzeug gestellt, doch das stamme aus dem Jahr 1987. Mängel auch am Feuerwehrhaus selbst: Die 2000/2001 tätige Baufirma hat den Sockelputz unsachgemäß aufgebracht, so dass zwischenzeitlich Feuchtigkeit eingedrungen ist. Der Putz muss erneuert werden. »Seit Beginn meiner Amtszeit vor sechs Jahren beschäftigt mich das«, klagte Ritter. Auf den Kosten wird die Gemeinde sitzen bleiben: Die Gewährleistungsfrist ist abgelaufen, die Baufirma nicht mehr existent. Ein Lichtblick ist für den Kommandanten das neue Mehrzweckfahrzeug, das bereits in Betrieb ist und beim Tag der offenen Tür am 16. September gesegnet werden soll.